Was beabsichtigt das Projekt und in welcher Phase befand sich das Projekt vor dem Research Call?
In diesem Projekt untersuchen wir den Einfluss der Fermentation von Kaffeekirschen als Teil des Nachernteprozess («post-harvest process») auf die Qualität des gerösteten Kaffees. Der Nachernteprozess, gleich nach der Ernte der Kaffeekirschen, findet komplett in den Anbauländern statt. Der traditionelle Prozess umfasst mehrere Schritte, wobei zeitnah nach der Ernte das Fruchtfleisch von den Kaffeebohnen getrennt werden muss. Nach diesem sogenannten «Depulping» werden die Kaffeebohnen in einem Fermentationsprozess gewaschen, um letzte Reste des Fruchtfleisches zu entfernen, getrocknet und für den Export vorbereitet. Nun können sich schon aufgrund einer kleinen Abwandlung im Prozess Veränderungen in der Zusammensetzung des grünen Kaffees ergeben, welche sich hernach auch auf die Qualität im gerösteten Kaffee und letztendlich auch auf das Kaffeegetränk auswirken. Im vorliegenden Projekt haben wir zwei Nachernteprozesse verglichen, den traditionellen und den Reposo-Prozess. Im innovativen Reposo-Prozess wurde eine Ruhephase der Kaffeekirschen in geschlossenen Tanks für 40 Stunden zu Beginn eingefügt, wodurch sich der gesamte Prozess entsprechend verlängerte. Vor dem Projekt hatten wir nur sensorische Anhaltspunkte, dass der Reposo-Prozess die Qualität des Kaffees verbessert. Jedoch war nicht klar, welche mikrobiologischen und chemischen Prozesse während der Fermentation zu diesen Veränderungen beitragen. Diese Vorgänge sollten genauer untersucht werden.
Was hat Sie (oder das Projektteam) bewogen ein Projekt bei Innosuisse einzureichen?
Sensorisch ist seit längerem bekannt, dass der Nachernteprozess von Kaffeekirschen einen wesentlichen Einfluss auf das sensorische Profil, die Qualität und letztendlich den Preis des grünen und gerösteten Kaffee hat. Die chemischen Produkte bei der Fermentation von Kaffeekirschen stellen Vorgänger «Percursors» des Kaffeearomas dar, welche erst während dem Röstprozess zur Ausbildung von Aroma Verbindungen führen. Unsere Motivation ist es, die grundlegenden mikrobiologischen und chemischen Prozesse zu verstehen, welche bei der Fermentation von Kaffeekirschen am Werk sind, und diese in Verbindung zu setzen zu den sensorischen Ausprägungen und Veränderungen in der Tasse. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, durch Abwandlung im Nachernteprozess die Eigenschaften und die Qualität des Kaffees zu beeinflussen. Eine dieser Möglichkeiten bietet der Fermentationsschritt als Teilprozess der gewaschenen Aufbereitung, der noch sehr wenig erforscht und verstanden ist. Die Firma Kaffeemacher GmbH (Münchenstein) startete mit ihrer Farm Santa Rita in Nicaragua eigene Fermentationsversuche. Durch das Netzwerk von Swiss Food Research konnte eine Zusammenarbeit mit der ZHAW aufgegleist werden, um das Projekt mit exzellenter Expertise sowohl im Bereich der Fermentation und der Mikrobiologie in der Forschungsgruppe Lebensmittelbiotechnologie als auch Expertise im Aufarbeitungsprozess und in der Analytik von Kaffee am Coffee Excellence Center zu untermauern. So wuchs die Idee zu einem erfolgreichen Innocheque-Projekt (Innosuisse).
Welche Forschungsfragen und mit welchen Partnern (Forschungsinstitute, Industrie, andere) wurde beantwortet? Mit welcher gezielten Abwandlung des Nachernteprozesses, vor allem durch Einfügen eines Reposos, ist es möglich, die Qualität des gerösteten Kaffee zu steigern?
Wir konnten bestätigen, dass diese Ruhephase der Kaffeekirschen vor der eigentlichen Aufarbeitung einen signifikanten Einfluss auf die Zusammensetzung der grünen Kaffeebohne hat. Letztendlich führte eine erhöhte mikrobielle Aktivität während einem längeren Zeitraum zu tieferen pH-Werten im Reposo-Prozess verglichen zum traditionellen Prozess. Zum anderen konnten auch Unterschiede in der Zusammensetzung der Inhaltsstoffe im Kaffee nachgewiesen werden. Während kein signifikanter Unterschied in der Zuckerzusammensetzung gefunden wurde, führte die längere Fermentation zu einer Erhöhung der organischen Säuren im grünen Kaffee aus dem Reposo-Prozess. Zudem zeichneten sich die Reposo-Kaffees auch nach der Röstung durch ein höhere Säureempfinden aus, welches sensorisch im Kaffee nachgewiesen werden konnten. Insgesamt konnte die Qualität des Kaffees durch den beschriebenen Reposo-Prozess im Schnitt um 2 Punkte der Bewertungsskala der Specialty Coffee Association erhöht werden.
Was hat der Innocheque gebracht und welche Weiterentwicklung sind darauf zurückzuführen?
Die im Rahmen des Innocheque durchgeführten Versuche sind eine wertvolle Basis für die Etablierung der Kooperation der beiden Teams an der ZHAW, die Forschungsgruppe Lebensmittelbiotechnologie und das Coffee Excellence Center gemeinsam mit der Kaffeemacher GmbH und deren Möglichkeiten auf ihrer Farm Santa Rita in Nicaragua. Über Swiss Food Research haben sich somit Partner aus Forschung und Industrie gefunden, die sich optimal ergänzen können. Wir konnten erste Informationen zur Fermentation von grünem Kaffee sammeln und den Effekt des Reposo-Prozesses auf die Kaffeequalität genauer untersuchen. Weitere Versuche sind nötig, um die nachgewiesenen Veränderungen zu bestätigen. Zudem haben wir zum Ziel, Modellfermentationen zu etablieren, welche erlauben sollen in kleinen Volumen und gleichzeitig parallel an Optimierungsstrategien zu arbeiten.